Verkehrte Welt

Der Phonetiker ist eine Ausprägung des Pünktlischiissers. Er hört anderen beim Sprechen zu und sagt dann: «Das heisst nicht Hip Hop, sondern Hip Hop, dieses i ist nicht gespannt!» oder «nicht Dschurnalist, Journalist mit stimmhaftem sch!» oder «Neeeeeein! Das Plural-s wird im Französischen nicht ausgesprochen!»

Des Phonetikers Bibel ist das IPA, das International Phonetic Alphabet. Mit dem kann man jeden Laut, der in irgendeiner Sprache der Welt vorkommt, codieren. Jeden Laut! Cool, oder?

Der Phonetiker mag es gar nicht, wenn man damit Unfug treibt. Wie zur Zeit dieses Möbelunternehmen, das neu in der Stadt ist und in den öffentlichen Bussen bekannt macht: «JYSK isch [JÜSK]» (und dann noch einen blöden Spruch hinterherschiebt, der aber so absurd ist, dass er im Kopf kleben bleibt) – da wird Schandluder mit den phonetischen Klammern getrieben, das geht natürlich gar nicht, findet der Phonetiker.

Denn: [y] ist das IPA-Zeichen für das deutsche ü (natürlich nur das gespannte, um korrekt zu bleiben). [jysk] wäre also die phonetisch korrekte Schreibweise, aber um sie uns zu erklären, die wir nicht wie die Dänen y, sondern ü für [y] schreiben, wird die deutsche Schreibung in phonetische Klammern gesetzt. Ein Skandal!

Der Phonetiker kann diese Umdrehung der Realität nicht verstehen. Er greift in die Tasten, um sich seinen Frust von der Seele zu schreiben. Linguisten sind ja schon mehrheitlich unverstanden, aber als Phonetiker hat man es echt nicht leicht. Ja, als Phonetiker muss man leiden.

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