Tribut und Tribun kommen klarerweise aus dem Latein. Und dann gibt es noch Kontribution, Distribution und Attribut, im Englischen auch den simplen tribe ‚Stamm‘. Was haben sie alle miteinander zu tun und worauf gehen sie zurück?
Den Ausgangspunkt haben alle gemeinsam: lat. tribus ‚Volksteil; Bezirk (für Steuern und Aushebung)‘ – die erste Bedeutung kommt auch chronologisch als erste; aus den Volksteilen ergab sich die Einteilung in regionale Gliederungseinheit. Der Überlieferung nach gab es bei der Gründung Roms 753 v.u.Z. drei tribus. Welcher Art diese (angeblich) genau waren, soll hier nicht erörtert werden; Wikipedia gibt Hinweise (auf Italienisch auch mit schöner schematischen Darstellung).
Wie die Tribus ins Latein kamen
Uns (ohai Pluralis Auctoris) interessiert natürlich die Etymologie von tribus. Doch leider landen wir hier in unsicheren Gefilden. Die populärste Deutung ist, dass tri- für die drei Stämme steht; wofür der hintere Teil dann steht, ist dann aber nicht ganz klar. Vorgeschlagen werden zwei Allerweltswurzeln des Indogermanischen mit den Bedeutungen ‚werden‘ oder ‚(hin)tun‘:
- Mit idg. *bʰe̯uh₂- ‚wachsen, werden, sein‘ kriegen wir *tri-bʰuh₂-, das aber eher ‚aus drei Einheiten bestehend‘ als ‚Drittel‘ bedeutet, also semantische Probleme aufgibt. (Ich könnte mir so etwas wie ‚dreiwüchsig‘ gut vorstellen, aber spekulieren kann natürlich jede:r. Mein Urindogermanisch ist leider zu schlecht, als dass ich die Bedeutungsnouancen der Schwundstufe trittsicher deuten könnte.)
- Mit idg *dʰeh₁- ‚machen; setzen, stellen, legen‘ landet man bei *tri-dʰh₁-u-, dessen Bedeutung gut als ‚Drittel‘ gelesen werden kann, allerdings muss man dann eine Lautentwicklung von Dental (idg. *dʰ, proto-italisch vielleicht θ oder ð wie englisches th) zu Labiodental annehmen, wofür es keine direkten Parallelen gibt (allerdings indirekte sowie eine gewisse Plausibilität via Assimilation, da beim u auch die Lippen involviert sind). Fazit: lautlich schwierig.
Recht gut passen würde auf den ersten Blick die idg. Wurzel *treb- ‚von Menschen besiedelter Ort; Wohnstätte‘, die vor allem in keltischen Sprachen fortgesetzt ist. Eine Entwicklung zu tribus geht aber trotz scheinbarer Ähnlichkeit lautlich nicht auf. Lehnt man auch die Deutungen mit ‚drei‘ als Vorderglied ab, bleibt nur anzunehmen, dass es sich um eine italische Neuschöpfung handelt.
So viel zum Nerdkram. Kommen wir zum zugänglicheren Teil.
Tribun, Tribunal und Tribüne
Das Suffix -ūn(us) drückt grob gesagt Zugehörigkeit aus, der tribūnus ist also einer, der zum tribus gehört. Oder besser gesagt: diesem vorsteht. Als Tribun wurden nämlich Chefs verschiedener Art bezeichnet, z.B. Stammesvorsteher, militärische Anführer (Militärtribun) und politische Amtsträger (Volkstribun), aber auch z.B. Vorsteher der königlichen Leibwache.
Hier zeigt sich also der erste Schritt zu einer allgemeineren Verwendung: Tribun, das zuerst den Chef eines "Stammes" bezeichnete, wurde schon bald zu einer allgemeineren Bezeichnung für diverse Vorsteher/Chefs/Machthaber/Funktionsträger (vor allem politisch oder militärisch).
Das Suffix -al bezeichnet wiederum Zugehörigkeit zum Tribun – soweit so banal. Das Tribunal war zuerst schlicht der erhöhte Sitz eines Richters (also eines rechtssprechenden Tribuns). Daher kommt (via Französisch) übrigens auch die Tribüne. Die Bedeutung von lat. tribūnal wurde dann aufs Militärische ausgedehnt (‚Feldherrensitz‘) sowie auf das ‚Gericht‘ an sich, wie wir es heute noch benutzen.
Tribut und Bildungen dazu
Der Tribut geht auf ein Partizip zum lat. Verb tribuō ‚einteilen, zuteilen‘ zurück, das schon im Latein etwa in der heutigen Bedeutung verwendet wurde: tribūtum ‚Abgabe‘. Hier schliessen sich übertragene Bedeutungen an: ‚Opfer‘ (wie in Tribut fordern oder Tribut zollen) sowie engl. tribute ‚Anerkennung, Ehrung; Gedenken‘.
Die Kontribution (zu lat. con-tribuō ‚zuteilen; beisteuern‘) bezeichnete zuerst ebenfalls einen monetären ‚Beitrag‘ und wurde dann auf (handfeste oder abstrakte) Beiträge aller Art ausgeweitet.
Das Präfix dis- bringt die Bedeutung ‚auseinander‘ dazu, et voilà: Distribution ‚Verteilung‘.
Das Attribut geht auf lat. attribuō ‚zuteilen (zu etwas)‘, also ‚zuweisen, beifügen, an die Seite stellen‘ zurück (darin steckt ad- ‚zu‘, das viele Formen annehmen kann).
Im Englischen ist auch die retribution ‚Vergeltung‘ noch im regen Gebrauch, zu verstehen als ‚das, was für zugewiesenes [Übel] zurückgegeben wird‘.
Rekapitulation der Reise
Die Wortfamilie zeigt, wie sich aus einem Begriff mit konkreter Bedeutung (tribus ‚Volksteil‘) allgemeinere Bedeutungen (wie ‚Abgabe‘ oder ‚zuweisen‘) und schliesslich abstrakte Konzepte wie Distribution ableiten lassen – die ursprüngliche Bedeutung des Wortstamms wird dabei mehr und mehr unsichtbar. Ich jedenfalls musste zuerst darauf gestossen werden, dass im dt. Attribut, dem frz. distribuer und dem engl. contribution der lat. tribus steckt.