Contra Unternehmenssteuerreform

Dieser Artikel ist importiert von sprache-politik.ch, einem unterdessen eingestellten Nebenprojekt, basierend auf der Idee:

Sprache konstruiert Realität. Der Diskurs in der Schweizer Politik ist manchmal erschreckend platt; statt über Inhalte zu diskutieren, wird mit sprachlichen Verpackungen (Schlagworten, Bildern) operiert, die wenig aussagen. Was heisst sicher? Was heisst stark? Direkte Demokratie verdient einen inhaltlichen Diskurs.

Absender: Komitee gegen USR III

Adressaten: Stimmberechtigte

Die Gegner der Unternehmenssteuerreform operieren mit der Parole Milliarden-Bschiss am Mittelstand! (mit Variationen wie Noch mehr Steuern für den Mittelstand?), flankiert von Wir bezahlen, Grossaktionäre profitieren! Jetzt reichts!

Die zentralen Motive sind komprimiert in Milliarden-Bschiss am Mittelstand:

  • Milliarden: Es geht um viel Geld, ist also wichtig. Als Vorderglied wirkt Milliarden- als Verstärkung, ähnlich Riesen-.
  • Bschiss: Neben der offensichtlichen Bedeutung (die verarschen uns) zieht das Wort eine persönlichere Ebene ein: Dialekt steht einerseits für gesprochene Sprache, andererseits ist Bschiss kein politisch-technischer Begriff, sondern vermittelt ein Gefühl von „unser uns gesagt“.
  • Der Mittelstand ist fast so etwas wie ein Schweizer Mythos. Gegenüber Begriffen wie das Volk oder die Schweizer, mit denen von anderer Seite gern operiert wird, wirkt er allerdings weniger pathetisch, bild- und gefühlsgewaltig, sondern analytischer. Wo die Mitte anfängt und wo sie aufhört, ist eine Definitionsfrage; da sich fast alle zum Mittelstand zählen, sind damit potenziell auch alle angesprochen.

Die Parole Milliarden-Bschiss am Mittelstand möchte ein „sie gegen uns“-Gefühl hervorrufen. Wir sollen uns darüber empören, dass die uns für dumm verkaufen wollen. Wer die (unter anderem) sind, ist mit Grossaktionäre explizit benannt. Das Bild, das vermittelt wird, ist das von einem Gros der Leute (Mittelstand), die geprellt werden, während Begüterte gut davonkommen.

Der Tonfall von Skandal und Empörung wird gesetzt durch die Redewendung jetzt reichts, durch Ausrufezeichen und die rethorische Frage, die mit noch mehr eingeleitet wird. Damit wird allerdings auch der „wir werden immer mehr geschröpft vom Staat„-Topos bedient.

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