[empf-]

Warum schreibt man empfinden, empfangen und empfehlen mit empf- und nicht mit entf- wie z.B. entfachen, entfalten oder entfernen? Empfinden war schliesslich auch einmal ent-finden (also ‚herausnehmen‘ oder eben ‚wahrnehmen‘), empfangen einmal ent-fangen (‚fangen‘ im Sinne von ’nehmen‘) und empfehlen einmal ent-fehlen (hat jedoch nichts mit fehlen zu tun, sondern ist mit befehlen verwandt; fehlen kommt von altfranzösisch faillir [edit 20.10.14, merci Christoph]).

Andersherum spricht man Wörter wie entführen, die mit entf- geschrieben werden, wohl meist auch als empführen aus (ausser man spricht überdeutlich) – eine lautliche Angleichung oder Assimilation: n und t werden hinter den Zähnen gebildet, f bei der Lippe – da ist es praktischer, gleich alles bei den Lippen auszusprechen, was dann eben empf- gibt.

Warum also ist bei drei Wörtern die Assimilation orthografisch abgebildet, bei den anderen aber nicht? Mögliche Antwort: Letztendlich ist Rechtschreibung immer Konvention (wir schreiben z.B. auch Thron noch mit h). – Dagegen spricht, dass man sich dabei immer um Logik bemüht. Also These 1: Empfinden, empfangen und empfehlen werden häufig gebraucht und eventuell, These 2, deshalb als ein untrennbares Wort wahrgenommen. Gegen These 1 spricht, dass auch andere ent-f-Wörter ähnlich häufig vorkommen, gegen These 2, dass es sowohl (neuere) Fundstellen im Internet für entfinden gibt als auch ältere Texte, die empfachen schrieben.

Oder, These 3, in den 3 Wörtern ist die die Bedeutung des Präfixes ent- am weitesten empfernt entfernt von der Grundbedeutung ‚entgegen, weg‘ – Diese These scheint mir am plausibelsten, da empfinden, empfangen und empfehlen Besonderheiten aufweisen: empfinden und empfangen sind semantisch nicht sofort analysierbar als ‚gefühlsmässig wahrnehmen‘ bzw. ‚entgegennehmen‘ (im Gegensatz etwa zu entfeuchten) und empfehlen hat kein Simplex mehr.

Quelle: Kluge, Friedrich (2011): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage (1. Auflage: 1883). Berlin: De Gruyter.

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