Was man mit Worten machen kann

Reden und schreiben und so halt, ne. Zielgerichtet und weniger zielgerichtet. Und extrem zielgerichtet.

Wir sind es uns gewoht; alle Bäcker haben die besten Brote, und natürlich zieht einem auch der Metzger den Speck durch den Mund bei der Anpreisung seiner Fleischwaren. Die Frage ist, ob wir es uns gewohnt sind und deshalb immer kritisch, oder ob wir uns so daran gewöhnt haben, dass wir nicht mehr kritisch sind und auf wohl gewählte Worte hereinfallen.

Noch ein Stückchen perfider ist das PR-Gesülze und Politgequassel. Die richtigen Worte zu verwenden ist Thema von Kursen, und sie zu finden ist eine Industrie. Nicht, dass wir das nicht wüssten. Aber sind wir uns wirklich immer bewusst, wie Worte eingesetzt werden, um uns zu beeinflussen?

Wir haben gar nicht die Zeit, immer alle Drucksachen und Gespräche eingehend darauf zu prüfen, was eigentlich gesagt wird und wie es gesagt wird. Und wir haben nicht bei allen Themen die Expertise. Doch oft stellt das „wie“ das „was“ in den Schatten. Dabei ist Rhetorik keine Schwarze Magie. Es braucht nur etwas Zeit und Sorgfalt, um dem Bullshit auf die Schliche zu kommen und ihn beim Namen zu nennen.

Beispiel 1: Ein Interview über Microsoft mit einem „IT-Spezialisten“ bei Newsnetz. Die Frage ist: Wie wichtig ist Microsoft? Kann die Firma bei momentanen Entwicklungen mithalten? Da geht es z.B. um Tablets:

TA: Das Tablet-Geschäft aber hat Microsoft verschlafen. Die iPad-Alternative von Microsoft kommt frühestens 2012.
Zacher: Die Tablet-PC-Entwicklung macht in der Tat rasche Fortschritte. Heute sind einige interessante Produkte auf dem Markt. Der Faktor «Coolness» ist das eine. Für viele Nutzer zählen aber Funktionalität und Leistungsumfang. Ich bin nicht so pessimistisch wie Sie: Wenn Microsoft hier sorgfältig arbeitet, kann das Unternehmen auch auf diesem Feld erfolgreich sein.

Das ist Bullshit. Der Tablet-Markt ist zur Zeit ein iPad-Markt. Das iPad hat zur Zeit einen Marktanteil von ca. 90%. Der „Experte“ sagt eigentlich, das iPad sei zwar cool, aber sehr eingeschränkt. Er sagt das nicht explizit, seine Aussagen sind sehr unspezifisch. Eigentlich sagt er einfach irgendetwas. Für solche Allgemeinplätze brauche ich keine „Experten“.

Den meisten Leute reicht wohl solch schwachsinniges, überallgemein gehaltenes Stochern im Nichts, weil sie zu wenig Ahnung, Zeit oder Interesse haben. Und das wird dann in die nächste Diskussion getragen und ich sitze daneben und denke, meeeine Güte! – Das klingt jetzt, als ob ich der Übermensch wäre und alles durchschaue, aber natürlich bin ich mir auch nur bei einem kleinen Prozentsatz dessen, was ich lese, bewusst, was gerade abgeht.

Beispiel 2: „Der hartnäckige Kritiker der Atomaufsicht Ensi“. Der Typ, der sich aus Interesse durch die schrecklich technischen Sicherheitsberichte der Atomaufsichtsbehörde Ensi durchgeackert hat, sagt, er merke bei bestimmten Passagen, wie sich ein Ingenieur ungefragt für etwas rechtfertige, „irgendeinen Sachverhalt versucht zu widerlegen, wonach niemand gefragt hat“.

Beispiel 3: Politische Debatten. Oft kommt es vor, dass einE TeilnehmerIn nicht alle Fakten kennt, sich jedoch nicht scheut, irgendetwas zu behaupten. Das geht auf hundert verschiedene Arten, zum Beispiel: „Es ist doch klar, dass …“, „Wir wissen doch alle, …“ oder auch über Vergleiche („Dies ist doch wie … – und das wollen wir nicht!“), über Gefühle (Moderator: „Die Statistik sagt, dass …“ – „Aber wenn ich auf der Strasse stehe, sehe ich …“) oder durch Ausweichen: Die Moderatorin fragt einen Politiker, wie er etwas denn konkret angehen wolle, er antwortet nicht darauf, sondern holt aus: Betroffen seien doch eigentlich diese und jene, man könne darüber reden, und es gehe doch eingentlich darum, dass … – Politische Debatten sind oftmals geradezu Inszenierungen von sprachlichem Hakenschlagen, eher Selbstdarstellung und Informationsweitergabe für das Publikum als Aussagen, die zur Erhellung der Lage beitragen.

Worte können Information übermitteln, aber auch die eigentliche Information verdecken und davon ablenken. Manchmal merken wir es, vielmals aber nicht. Das ist keine neue Erkenntnis, doch man sollte sie von Zeit zu Zeit ins Bewusstsein rufen. Sich fragen, was da eigentlich gesagt wird, und sich nicht vom Wie blenden lassen.

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