Meines Erachtens nach

Ähnlich wie zumindestens hat meines Erachtens nach etwas unglücklich Redundantes.

Ich könnte mir vorstellen, dass es sich so zugetragen hat:

Es waren einmal zwei Redewendungen, eine heiss meines Erachtens, die andere meiner Meinung nach. Ihre Bedeutung war nur unwesentlich anders; sie fungierten beide als Einschub, der auf Subjektivität hinwies. Meines Erachtens war stolz auf ihre adlige Herkunft: Sie stammte nämlich von einem Genitiv ab.

Meiner Meinung nach konnte mit diesem Traditionalismus nichts anfangen. Er fühlte sich gut in seinem modernen Kleid aus Postposition und Dativ. Als er immer geläufiger wurde, sah er seine Stunde gekommen: Die Menschen würden – nicht erkennend, dass Genitiv und nach gar nicht zusammenpassen – die Postposition auf meines Erachtens übertragen und es zu meines Erachtens nach machen.

So geschah es, und während sich meiner Meinung nach ins Fäustchen lachte, wurde meines Erachtens zunehmend verhunzt – ihr Genitiv war schon so erstarrt, dass sie ihn trotz der Postposition nach, für deren Ergänzung sie eines Dativs bedurft hätte, nicht mehr abstreifen konnte.

Nicht genug originell, um als Jugendwort des Jahres gefeiert zu werden, fristete sie ein Dasein voller Rachegelüste, was meiner Meinung nach gefiel. Und sind sie noch nicht gestorben, geht der Sprachwandel weiter.

3 Comments

  1. A.

    Zum 01. Januar fällt mir ein:

    Ein glückliches und gesundes Neues Jahr 2010!

    Das „N“ wird schon noch groß geschrieben, oder?

  2. Über Umwege auf diesen Blog gestossen (Henusode, Zappadong, Nichts ist klar). Hat sich gelohnt. „Meines Erachtens nach“ empfinde ich schlichtwegs als falsch (Wer jetzt meint, falsch und richtig gibts nicht, was auch immer…). Aber schöne Geschichte.

  3. Kim

    Juhu, neue Leser 🙂 – Ein schönes Neues Jahr zurück! 😉

    Richtig und falsch, mein Lieblingsdilemma… Einerseits stosse ich mich auch an solchen meines Erachtens (!) falschen Ausdrücken, andererseits versuche ich es ganz neutral als Sprachwandel zu sehen und frage mich, wie man den auf sowas kommen könnte.

    Richtig und falsch gibt es auf jeden Fall, aber morgen ist falsch vielleicht richtig und heute ist schon ein bisschen morgen 😉

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