Geschlechter-, Übersetzungs- und Beziehungsfragen

Im Internet gibt es viele Dienste, bei denen man sich anmelden kann und ein Pseudonym wählt. Auf der Website wird dieser Benutzername dann in Zusammenhängen wie „Dingsbums is now following your tweets“ oder „See all videos by Dingsbums“ erwähnt, wobei Dingsbums natürlich für den jeweiligen Nickname steht.

Wenn wir einem Gegenüber eine Information weitergeben, könnte das so klingen: „Kim hat heute wieder so einen Mist zusammengeschrieben auf seinem Blog – er bloggt ja jetzt, hat er dir das erzählt?“ und eher nicht „Kim hat heute wieder so einen Mist zusammengeschrieben auf Kims Blog – Kim bloggt ja jetzt, hat Kim dir das erzählt?“ Wir ersetzen also einmal genannte Personen durch Personalpronomen bzw. Possessivpronomen. Wenn wir das nicht tun, klingt es hölzern oder gar infantil (wir erinnern uns: Wiederholungen vermeiden im Aufsatz!).

Im Internet gilt das natürlich genauso (wie auch das meiste andere, sogar das Gesetz). Das Problem ist nur, dass die von social networks angestrebte Persönlichkeit (es geht ja immer um Personen, die miteinander kommunizieren!) bei Meta-Informationen von einer Maschine hergestellt werden muss. Die ist nicht einmal so schlau, fälschlicherweise anzunehmen, dass Kim ein weiblicher Vorname sei. Stattdessen benutzt sie einen vorfabrizierten Text mit Platzhaltern:

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„Notification“ von Twitter bei einem neuen Follower

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Facebook/FishVille-Mitteilung bei neuem Nachbar

Doch dieser Platzhalter ist keine Erfindung des Internets. In einem Liedtext von Jakob Dylan heisst es: Everybody pays as they go (im Song mit ebendiesem Titel). Und auch in anderen englischen Texten sind solche Ersetzungen üblich: im englischen Wikipedia-Eintrag zu Microsoft beispielsweise findet sich der Satz Microsoft withdrew their offer.

Es drängt sich die Frage auf, wie man das auf Deutsch wiedergäbe – „Du kannst Dingsbums folgen, indem du in deren Profil …“ – oder vielleicht eher „… indem du in ihrem/seinem Profil …“? Das Plural-ihr („In ihrem Profil“) birgt im Deutschen zusätzlich das Problem der Zweideutigkeit: Ist eine Frau oder mehrere Menschen gemeint?

In keinem Fall jedoch vertritt das Plural-Pronomen sie, ihr/deren eine unbekannte Täterschaft, wie dies im Englischen der Fall sein kann. Auch das Indefinitpronomen jeder, jede, jedes ist bei uns klar mit dem Singular verknüpft: „jeder zahlt wenn sie gehen“ funktioniert nicht.

Noch ein An-den-Kopf-Langer zum Schluss: In ähnlich uneleganter Manier wie meine vorhergehende Übersetzung daherkommt hat Apple im iTunes Store etwas hingewurstelt, das „this (album, movie, track, episode)“ entsprechen soll:

iTMS.png

Zusatz 27.2.12: Um dasselbe geht es hier: ‘He or she’ versus ‘they’

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